Saturday 15 February 2014

Reise rewind

Zug.

Als der Mann mit der kleinen Flasche gefüllt mit durchsichtiger Flüssigkeit, gegenüber von uns, nicht aufhört, uns freundlich auf Bulgarisch zu belästigen, höre ich auf mich gegen meine Müdigkeit zu wehren. Mir fallen die Augen zu. Nachdem wir also an den Gipsy-Siedlungen, gebaut neben den Gleisen, vorbei sind, kriege ich von der Strecke von Sofia nach Pernik nichts mehr mit. Hin und wieder will mein Kopf in die eine oder andere Richtung fallen, mein Hirn will in den Tiefschlafmodus, ich will nicht, dass mein Mund aufklappt. So träume ich im Halbschlaf vor mich hin, bis eine sanfte Hand an meiner Wange mich weckt. „Anna, we are there“, flüstert Yoana, ich gehe hinter ihr her, zum Ausgang, wo Andrzej und Jakub sitzen. Andrzej macht große Augen als er mich sieht und spielt Verwunderung.

Die Bahnhofshalle, Yoana warnt uns schon auf dem Weg dorthin. „You will get a shock.“ Ein Sowjetbau, der Geruch, dunkel und zugig, die Ideologie ikonisch widergespiegelt, Gypsis wohnten dort, es stinke. Öffentliche Plätze wie Bahnhöfe, seien wie überall am gefährlichsten, sagt Andrzej. Wir reden über National-Spirituosen und trinken noch eine Runde aus dem Flachmann, der uns Willkommen heißt. Selbstgebranntes.

U-Bahn.

Hier sei es ganz schön, sage ich. Ich mag den Stil. Modern, wie eine Mischung aus Futurismus und Jugendstil, Fliesenmuster in Metallic-Tönen, Pastell und Blau, oval und rund sind die vorherrschenden Formen, ein hoher, heller, großzügiger Raum. Ich sage irgendwas, ich erzähle viel über Uganda fällt mir auf. Tatsächlich bin ich froh, etwas im Repertoire zu haben, es rettet in den Vergleich hinüber, als das andere (wundersame), was man schon kennengelernt, erlebt hat. Wir steigen ein und Jakub vergisst, mir das Schinkensemmerl zu geben, welches er mir auf der Plattform vorhin angeboten hat. Es macht nichts, spätestens am Bahnhof wird es ihm wieder einfallen. Auf dem Weg zum Bahnhof passieren wir einen seltsamen Innenhof, umsäumt von Gebäuden, die alle wie geräumt oder gesperrt aussehen. Leere Geschäftslokale unten und verlassene Wohnungen oben. Obwohl der Bau (der Yoana an ein Zirkuszelt erinnert) scheinbar in gutem Zustand ist, scheint nicht ein einziger Mensch geblieben zu sein. Die Mieten, die sie verlangt hätten, seien so hoch gewesen, dass niemand sich hier hätte halten können. Wir schütteln den Kopf. Das ist doch total sinnlos.

Bus.

Da komme unser Bus auch schon, macht mich Yoana aufmerksam, da ich schon wieder dabei bin mir eine Kippe anzustecken. Ich glaube, sie fragt, ob ich „a heavy smoker“ sei, dann meint sie, wir könnten auch warten, der nächste käme in zehn Minuten. „Nein, nein, oder?“, alle schauen mich aufmunternd an, zögernd halte ich die Zigarette zwischen den Fingern, die ich gerade in die Schachtel zurückstecken wollte. „Ich warte“, sage ich. Und wir steigen ein. Im Bus kriegen wir Fahrkarten, die man in eine Art Locher steckt. Haut man von unten drauf, stanzt die Maschine zwei kleine Löcher in das gelbe Papier. Als wir sitzen erklären sie uns, dass die Kontrolleure sehr streng seien, wenn sie einen beim Schwarzfahren erwischten. Was Jakub auch gleich veranlasst hektisch nach seinem Ticket zu suchen, von dem er einfach nicht mehr weiß, in welche seiner vielen Taschen er es gesteckt hat, allein die Jacke bietet unzählige Möglichkeiten. Ich fürchte, dass, so aufgeregt wie seine Hand in die Taschen reingreift und wieder rausfährt, er es beim Suchen eher verliert als wiederfindet. Er findet es aber schließlich in seinem Pass wieder. Wir lachen.

Meine Nervosität hält sich höflich zurück. Ich bin froh um die eineinhalb Stunden Vorsprung, die ich mit Yoana und Andrzej hatte. Freundlichkeit gibt es überall. Man stolpert, stößt auf sie. Wie über Wurzeln, wie auf Goldadern.

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